Abends sehe ich mir "die grösste Schau der Welt" an. Die Egypter nennen das "Son et Lumiere". Präsident Nasser hat am 13. April 1961 persönlich die Eröffnungsrede gehalten.
Abends, nach des Tages Wärme, ziehen die Touristenschwärme an der Wüste Rand. Dort dann lauschen sie auf Stühlen jenen Ton- und Zauberspielen, die als "Son und Licht" bekannt. "Was wird kommen?" hört man's munkeln, während schon die Sterne funkeln über'm Pharaonental. Jeder blickt nur auf das Eine - auf die Pyramidensteine, und das Warten wir zur Qual. "Was wird uns die Sphinx wohl sagen? Was sind König Cheops' Klagen? Was hat Chefren einst erlebt?" Und man lehnt sich an die Stühle. Mancher zittert in der Kühle während sich ein Wind erhebt.
Doch nun öffnet sich die Szene! Metro-Goldwyn-Meier-Töne hallen kraftvoll durch die Nacht. Über viele Megaphone spricht dann eine Amazone von der Phraonenpracht. Heute soll zu neuem Leben sich die alte Welt erheben. Technisch zeichnet "Philips France". Was bisher noch nie gelungen wird in Dur und Moll besungen. Lauscht dem Pharaonentanz! Während so die Töne schwellen in der Nähe Hunde bellen. Eine Lady will schon gehn.
Plötzlich fällt aus vielen Lampen grelles Licht auf jene Rampen, wo die Pyramiden stehn. Zahlreich sind die Lichteffekte, die man für die Sphinx entdeckte. Ganz verlegen schaut sie drein. Und es staunt der Mond am Himmel über all das Farbgewimmel auf dem sonst so bleichen Stein.
Viel Papyr und Hieroglyphen mussten weise Männer prüfen. Und nun spielt man es vom Band, wie die Pharaonen hausten, wie sie liebten, wie sie schmausten hier in diesem Land. Wie sie kämpften, wie sie litten, wie sie schossen wenn sie ritten, wie sie starben ab und an.
Eine Stimme tönt voll Jammer aus Herrn Cheops Grabeskammer, und Herr Chefren schliesst sich an. Bald verhallen Geisterrufe an des Totentempels Stufe, und der Pharao erscheint. Hei, da jauchzt des Volkes Menge! Und man spürt, dass das Gedränge fast das Tonband bersten lässt. Welch ein Schreien, welch ein Jubel! Hufe klappern in dem Trubel. Welch ein Kitsch ist dieses Fest!
Doch es soll noch besser kommen; denn die Sphinx, vom Lärm benommen, meldet sich zum Wort. Ringsum wird es Nacht und Schweigen, und die Sphinx die muss nun zeigen wie der Schmerz noch in ihr bohrt. "Liebster!" stöhnen ihre Lippen, und ganz rot sind ihre Rippen als von Cäsar sie erzählt. Und der Cäsar spielt die Leier zur Musik von Goldwyn-Meier bis er sich mit ihr vermählt. Ja, in jenen Zeiten hatte man noch Oberweiten. Seht Euch doch die Sphinx mal an! Auch die schöne Nefertit singt da noch ein Liedchen mit, seufzend dann und wann.
So vergeht fast eine Stunde bis die Pharaonenkunde intensiv verbreitet ist. Dann verfinstert sich die Stätte, und ich halte jede Wette: Es war grosser Mist!