Sunday, 25 March 2012

DIE ERSTE SURE DES KORAN

Es begab sich aber zu jener Zeit, daß ich in Tunesien weilte.

Oase Gabes, 21.11.1964, Samstag

Abends verwöhne ich mich in einem Restaurant mit Hühnchen auf Spagetti. Beides ist ungewürzt. Nach dem ersten Durchfall der Reise darf ich meinen Eingeweiden zunächst keinen Kuskus und keine afrikanische Nudelsuppe anbieten.

Beim Verlassen des Lokals höre ich vom nahen Minarett den Muezzin zum Gebet rufen: "Allah u akbar! Allah u akbar!" Wieder und wieder schallt der Ruf über die Dächer der Oasenstadt. Da mache auch ich mich auf und folge den Gläubigen zur Moschee um Allah zu lobpreisen, Einen älteren Turbanträger spreche ich an: "Salaam Monsieur! Entree pour mois possible?" Er schüttelt entrüstet sein Haupt. Christen haben in einer Moschee bekanntlich nichts zu suchen. So versuche ich es noch einmal mit einem jungen Mann, der etwas gebildeter aussieht. Wie es der Zufall will - er winkt mich hinein. So ziehe ich meine Bergstiefel aus, stelle sie neben die Sandalen der "Eingeborenen" und hocke mich auf einen der Teppiche, die den gesamten Fussboden bedecken.

                                    Moschee in Gabes (Foto geliehen)
Stühle oder Bänke gibt es in dem Gebetssaal nicht. In der Stirnseite des Raumes befindet sich eine halbrunde Ausbuchtung, die mit Marmor eingefasst ist. Links und rechts davon hängen eine Zeichnung von Medina und ein Foto der Kaaba in Mekka. Der Altarraum soll eigentlich immer in Richtung Mekka zeigen, scheint aber hier mehr zum Südpol zu weisen. Erleuchtet wird der fromme Ort von einem sehr hübsch gearbeiteten kristallenen Kronleuchter.

Inzwischen hat der Muezzin sich vor der Gemeinde niedergelassen. Ich habe mich unter das Volk gemischt. Zunächst wird unter Anrufung Allahs die erste Sure des Koran gebetet:

"Bis milla hirr, rach manier rahim. Allhamdu illahi, rabiel allamien. I jacka na budu, wa I jacka nasta ihn."

Auf Deutsch:

"Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen! Lob und Preis sei Allah, dem Herrn aller Weltenbewohner, dem gnädigen Allerbarmer, der am Tag des Gerichtes herrscht."
Könnte aus der Bibel stammen. Ich lernte das einst von einem deutschen Tramp, der in Pakistan unterwegs war. Meinen Nachbarn scheint vor Staunen der Atem auszugehen als sie mich den Originaltext sprechen hören.
Beim Beten hält man zunächst die Hände hinter die Ohren.
Man lauscht so den Worten Allahs. Dann hält man die Hände vor das Gesicht. So wird das Lesen des Korans angedeutet. Nun verbeugt man sich, legt die Hände auf die Kniee und sinkt auf den Boden, neigt sich vorwärts bis die Stirn den Boden berührt.
Das hat seinen besonderen Reiz. In Moscheen kennt man nämlich keinen Weihrauch. Dafür liegt über den Teppichen eine etwa 30 cm dicke Schweißfuss-Duftschicht. Je näher man dem Boden kommt, desdo stärker wird die Konzentration. Da man sich fünfmal bücken muss atme ich auch fünfmal den Duft des fremden Glaubens ein. Ausserdem fällt mir auf, daß die Strümpfe meines Vordermannes fast nur noch aus dem Oberteil bestehen.

Nach dem Beten der ersten Sure findet im Chor eine Art Sprechgesang statt. Das klingt sehr gut und rhytmisch, und ich bedauere es sehr, dass ich kein Tonbandgerät habe.

    Kaaba mit Gläubigen. Ein neues Foto (geliehen). Ich war nie in Mekka.

Nach der Kurzandacht hockt ein Teil der Gläubigen sich um mich herum. Immer wieder muss ich "Muslim almani" das Vaterunser der Moslems sprechen. Mit der Gelassenheit eines Paschas nehme ich die Huldigungen der Umwelt hin. Aber zu einer Tasse süssem Pfefferminztee lädt mich trotzdem niemand ein. War meine pakistanische Aussprache vielleicht doch zu fehlerhaft? Der Fahrer eines Lastwagens, mit dem ich vor ein paar Tagen trampte, lud mich nach dem Gebet sogar zum Abendessen ein.

PS.: Ich schrieb das für alle Moslems, die auf meinen Reisen ihre Herzen und Türen für mich öffneten.












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